Hallo Johanna, was bedeutet „Neues Lernen“ für Dich?

Als Personalentwicklerin steht für mich das Thema „Neues Lernen“ ganz oben auf der Agenda. Bei uns im Bereich „Learning & People Development (L&D)“ orientieren wir uns seit langem an den Business-Zielen unseres Unternehmens. Wir beschäftigen uns mit dem Lernen der Organisation als Ganzes und dem Lernen und der persönlichen Weiterentwicklung aller Menschen in unserer Organisation. Auch für unsere Kunden und Geschäftspartner bieten wir Lernmöglichkeiten an.

Bei allem, was wir tun, fokussieren wir strategisch auf die Zukunft unseres Unternehmens und die im Unternehmen zukünftig benötigten Kompetenzen. Denn es kommt auf die Performance im Kontext der Arbeit, die Kreativität und die Problemlösefähigkeit jedes Einzelnen an. Dabei ist klar, dass es nicht um „Wissen“ allein geht, sondern dass es mehr um das „Können“ gehen muss. Die reine Wissensvermittlung in Trainings und Kursen ist der kleinere Teil des Ganzen, es geht vielmehr um die Fähigkeiten und Skills, Wissen anzuwenden und auf allen Ebenen der Organisation Handlungskompetenz zu entwickeln.

Um die Entwicklung einer zukunftsorientierten Lernkultur zu ermöglichen und zu erleichtern, haben wir alle „vorgeschriebenen“, verpflichtenden Schulungen bereits auf ein Minimum reduziert. Unser Fokus bewegt sich weg vom Veranstaltungs- und Trainingsmanagement, weg von starren Weiterbildungskursen und -programmen.

Wir hören ganz genau hin, welche Lernfelder und Lerninhalte für die Kolleginnen am Arbeitsplatz wichtig werden.

Stattdessen hören wir ganz genau hin, welche Lernfelder und Lerninhalte, Themen und Kompetenzen für die Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz wirklich wichtig werden und welche individuellen Lern- und Entwicklungsbedarfe es gibt. Unser Vorgehen ist dabei viel agiler als früher. Wir experimentieren mehr, probieren neue Methoden und Tools aus, machen Fehler und passen uns ständig an die Bedarfe im Arbeitskontext an. Dabei passen wir sehr darauf auf, dass Rahmenbedingungen und methodisch-didaktische Konzepte nicht zu einschränkend sind. Im Ergebnis lernen die Teilnehmerinnen selbstbestimmter, mit mehr Eigenverantwortung, mehr Passung zur täglichen Praxis, und zwar im Hinblick auf Themen, Formate, Zeitaufwand und Zeiteinteilung.

Selbstverständlich braucht es weiterhin formale Lernangebote in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Für alle, die sich ein Themengebiet neu erschließen oder vertiefen wollen, haben wir inzwischen Blended Learning-Programme und „Flipped Classrooms“ im Angebot. Der Unterschied zu früher ist, dass der Anteil der Präsenzveranstaltungen deutlich reduziert wurde zugunsten einer Vielfalt an Formaten zum Selbstlernen. Wir sehen dabei, dass die Taktrate an Kommunikation und direktem Austausch mit den Trainern und auch untereinander in der Lerngruppe stark gestiegen ist.

Häufig geht es lediglich darum, während der Arbeit eine Wissenslücke zu schließen, mit einer Veränderung umzugehen oder ein Problem zu lösen.

Häufig geht es lediglich darum, während der Arbeit eine Wissenslücke zu schließen, mit einer Veränderung umzugehen oder ein Problem zu lösen. Für diese Bedarfe fördern und ermöglichen wir das informelle Lernen im Prozess der Arbeit. Dazu haben wir ein leicht zugängliches Performance Support-System entwickelt, das heute schon viele Kolleginnen und Kollegen in der Entwicklung, im Kundenservice und Vertrieb direkt im Workflow wirkungsvoll unterstützt. Häufig braucht es nur zwei oder drei Klicks, um eine Wissenslücke zu schließen und weiterarbeiten zu können. Im System hinterlegt ist zudem ein direkter Zugang zu Kolleginnen und Kollegen, die beim jeweils spezifischen Thema als Experte, Coach oder Mentor im Moment des Bedarfs unkompliziert und schnell weiterhelfen können. Wir planen, das Performance Support-System thematisch zu erweitern, um auch den Bereichen Marketing und Produktmanagement unmittelbaren Nutzen in der täglichen Praxis zu bieten.

Die Trainerrolle hat sich verändert. Mit unseren internen und externen Trainerinnen arbeiten wir an der Weiterentwicklung des Methodenbaukastens und an zeitgemäßen didaktischen Ansätzen, die die neuesten Erkenntnisse der Pädagogik und der Gehirnforschung berücksichtigen. Die reine Wissensvermittlung nimmt einen geringeren Anteil ein, während gleichzeitig mehr und mehr Beratung zu individuellen Lern- und Entwicklungszielen und zu Prozessen des selbstbestimmten Lernens geleistet wird. Mit unseren Trainerinnen und Trainern sprechen wir heute immer weniger über Instruktionsdesign und Training und immer mehr über Lernprozessbegleitung, Beratung und Coaching.