Hallo Lukas, was bedeutet „Neues Lernen“ für Dich?
Die krisenhaften Entwicklungen während der Pandemie haben uns klar vor Augen geführt, dass der Erfolg unseres Unternehmens mehr denn je von unserer Flexibilität und Schnelligkeit abhängt, mit der wir auf Marktentwicklungen reagieren. Mit Eintritt der Krise mussten wir alle uns an neue und noch volatilere Rahmenbedingungen anpassen. In dieser Zeit haben wir als Organisation schnell und viel gelernt. Unsere Lernkultur hat sich quasi über Nacht zum Besseren verändert.
>>> Unsere Erfahrung zeigt, dass die zunehmende Autonomie der Teams für uns Stabilität gebracht hat <<<
Manche Führungskräfte bei uns stellten fest, dass Top-Down-Entscheidungen überhaupt nicht mehr funktionierten, dass sie nicht mehr allein „alles richten“ konnten. Um die Motivation und die Leistungsbereitschaft auch in der Krise hoch zu halten, waren und sind heute andere Führungsstile und -kompetenzen erforderlich. Alle Führungskräfte in unserer Organisation haben gelernt, dass es sich lohnt, Vertrauen zu schenken und einzelne Entscheidungen, Bewertungen, sogar ganze Prozesse den Teams zu überlassen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die zunehmende Autonomie der Teams für uns Stabilität gebracht hat.
In der Krise haben nicht nur die Führungskräfte, sondern alle Mitarbeitenden ihr Verhalten angepasst, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Situationen der Ungewissheit richtig zu nutzen und anzuwenden. Für alle haben sich die Anforderungen an das Kommunikationsverhalten und an die Zusammenarbeit grundlegend geändert.
Verhandlungen, Meetings und Präsentationen mussten plötzlich ausschließlich online stattfinden. In dieser Situation konnte ich sehen, dass die Belegschaft ganz überwiegend sehr schnell reagiert hat und die digitalen Lern- und Arbeitsumgebungen souverän nutzen konnte. Manche mussten etwas neu lernen, andere früher Gelerntes auffrischen oder vertiefen. Das alles ging erfreulicherweise in einer zuvor nicht gekannten Geschwindigkeit. Was wir schon immer wussten, hat sich gezeigt – nämlich wieviel relevantes Wissen und Können in unserer Organisation vorhanden ist. Die Krise hat uns geholfen, diesen Schatz zu heben und in die breite Anwendung zu bringen. Wir sind zum Paradebeispiel einer lernenden Organisation geworden.
Besonders hat mich gefreut, dass eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen in der Krise die Initiative ergriffen haben, wichtige Lernthemen im Arbeitskontext für sich selbst und ihre Teams identifiziert haben, Erfahrungen ausgetauscht und sich – soweit ich das sehen konnte – viel mehr als früher gegenseitig unterstützt haben. Insgesamt stelle ich fest, dass wir heute eine agilere und resilientere Organisation sind, als zu Beginn der Krise. Ich erwarte, dass wir bei Learning & Development in nächster Zeit einen Innovationssprung sehen werden, denn die Erfahrungen aus der Corona-Zeit werden nicht wieder verschwinden.
>>> Neues Lernen? Für mich heißt das auch, damit aufzuhören, Lernen als vorrangig konsumierenden Vorgang für die „Betroffenen“ zu planen und zu organisieren <<<
Neues Lernen? Für mich heißt das auch, damit aufzuhören, Lernen als vorrangig konsumierenden Vorgang für die „Betroffenen“ zu planen und zu organisieren, Menschen „mitzunehmen“ auf Reisen und an Orte, die sich eine Handvoll „Wissender“ ausgedacht haben. Stattdessen müssen wir zuhören, wie alle Kolleginnen und Kollegen lernen wollen, und wie dies am besten im Arbeitskontext geschehen kann. Für den Einzelnen braucht es mehr Raum, mehr Zeit und mehr Gelegenheit, das eigene Lernen und die persönliche Entwicklung selbst zu gestalten.
Ich werde meinerseits alles dafür tun, dass wir weiter an der Kultur des kontinuierlichen Lernens und des Voneinander-Lernens arbeiten. Den Ruf nach mehr „Lernen im Kontext der Arbeit“ habe ich gehört. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, mehr und mehr wirkungsvolle Unterstützungen im Workflow, am Arbeitsplatz, im Moment des Bedarfs zu geben. Ich bin bereit, für diese Initiative klar und schnell zu entscheiden. Manchmal werde ich dabei vielleicht auch Fehler machen, das gehört dazu. Bei Experimenten werde ich jedenfalls nicht sparen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir „Neues Lernen“ und die hier skizzierte Transformationsagenda für „Learning & Development“ konsequent umsetzen werden. Die Erfahrungen in jüngster Zeit werden uns dabei sehr helfen.